Digitale Kassenbons als Schlüssel zu gesünderem Einkaufsverhalten
Digitale Kassenbons könnten künftig nicht nur eine nachhaltige Alternative zum klassischen Thermopapier darstellen, sondern auch als wertvolles Instrument für eine gesundheitsbewusstere Ernährung dienen. Eine aktuelle Fallstudie der DHBW Heilbronn zeigt, wie Einkaufsdaten aus digitalen Belegen genutzt werden können, um Konsumenten eine individuelle Einkaufsanalyse zu ermöglichen.
Fallstudie: Wie digitalisierte Einkaufsdaten zur Ernährungsbewertung beitragen
Die Forscherin und Ernährungswissenschaftlerin Sabrina Antor hat über sechs Monate hinweg die digital gespeicherten Einkaufsbelege in einer Lebensmitteleinzelhandels-App eines vierköpfigen Haushalts ausgewertet. Ziel der Untersuchung war es, die praktische Umsetzbarkeit einer ernährungsphysiologischen Bewertung von Lebensmitteleinkäufen zu analysieren. Die Einkaufsdaten wurden in eine Datenbank übertragen und mit Nährwertangaben ergänzt, um den Food Safety Agency-Nutrition Profiling System (FSANP) -Dietary Index zu berechnen. Dieser Index bewertet die ernährungsphysiologische Qualität eines Einkaufs ähnlich dem Nutri-Score. Für eine quantitative Auswertung wurden die eingekauften Lebensmittel in die entsprechenden Gruppen des DGE-Ernährungskreis übertragen.
Der digitale Einkaufszettel als Spiegel des Ernährungsverhaltens
Die Studie zeigt, dass eine grafische Aufbereitung der Bewertung der Einkäufe Konsumenten helfen könnte, ihr Einkaufsverhalten bewusster zu gestalten. So lassen sich die gekauften Lebensmittel beispielsweise in den DGE-Ernährungskreis übertragen und mit den empfohlenen Mengen der einzelnen Lebensmittelgruppen vergleichen. Allerdings gibt diese Methode keine Auskunft über die Nährstoffqualität der Produkte innerhalb der Gruppe: Vollkornbrot und Toastbrot werden gleichermaßen der Getreidegruppe zugeordnet, obwohl sie sich unter anderem in ihrem Ballaststoffgehalt stark unterscheiden. Ebenso fehlen für eine realistische Beurteilung Kategorien für hochverarbeitete Produkte wie Fertiggerichte, Chips oder Süßwaren.
Einfache Visualisierungen für eine bessere Orientierung
Untersuchungen zeigen, dass Ernährungsinformationen am Point of Sale das Kaufverhalten positiv beeinflussen können. Eine sinnvolle Entwicklung wäre daher die Integration von leicht verständlichen Grafiken zur individuellen Einkaufsbewertung direkt in Supermarkt-Apps. Neben einer Farbampel-Bewertung könnte ein Soll-Ist-Vergleich mit dem DGE-Ernährungskreis den Kunden auf einen Blick verdeutlichen, ob sie ausreichend Obst und Gemüse eingekauft haben und ob bei Fleisch- und Wurstwaren ein wenig viel im Ein-kaufswagen gelandet ist.
Natürlich gibt es noch Herausforderungen: Einkaufsdaten erfassen nicht den tatsächlichen Lebensmittelkonsum, da Außer-Haus-Verzehr oder Einkäufe bei Bäckern und Metzgern nicht berücksichtigt werden. Und auch das Thema Food Waste bleibt außen vor. Dennoch zeigt die Studie, dass digitale Einkaufsdaten wertvolle Ansätze für ein gesundheitsbewussteres Einkaufen bieten – mit Potenzial für Verbraucher und Handel gleichermaßen.
Personalisierte Ernährungsempfehlungen per App
Ein nächster Schritt wäre die Nutzung von KI-gestützten Analysen, um individuelle Kaufempfehlungen aus dem aktuellen Einkaufsverhalten abzuleiten. „Unsere Daten sollten uns mehr wert sein. Bislang werden in den Apps der Einzelhändler zahlreiche Kundendaten erfasst, aber die Verbraucher profitieren lediglich von allgemeinen Rabatten oder Coupons. Das Thema Ernährung spiegelt sich bisher meist nur in generischen Rezeptvorschlägen wider“, betont Studienautorin Sabrina Antor.
Mit einer erweiterten App-Funktion könnten Kunden gezielt auf ihre Ernährungsbedürfnisse zugeschnittene Angebote erhalten So könnte beispielsweise in der App des Kraftsportlers das Hühnchen vorgeschlagen werden, dagegen werden in der App des Veganers bestimmte Tofu-Produkte aufgezeigt.
Das ist nicht nur ein Bonus für die Kunden: Erweiterte App-Funktionen erhöhen die Kundenbindung an den Händler und bieten die Möglichkeit, sehr punktgenau Empfehlungen zu geben und die Umsatzchancen zu erhöhen.
Digitale Innovation als Wettbewerbsvorteil
Laut einer aktuellen Umfrage der mhplus Krankenkasse wollen sich 77 Prozent der Befragten gesünder ernähren. Personalisierte Einkaufsempfehlungen per App könnten dieses Ziel deutlich erleichtern, indem Kunden aktiv unterstützt und ihnen relevante Informationen einfach zugänglich gemacht werden. „Der neue und bundesweit einzigartige Studiengang Personalisierte Ernährung spannt genau diese Brücke zwischen Digitalisierung, Ernährung und Gesundheit“, erklärt Forschungsleitung und Initiatorin des Studiengangs Prof. Dr. Katja Lotz. „Unsere Studierenden lernen, wie digitale Tools eingesetzt werden können, um gesund zu bleiben und die Lebensqualität zu erhöhen.
Der Artikel ist als Short-Paper in der Ernährungsumschau erschienen:
Antor S, Lotz K: The practical feasibility of assessing food purchases. A comparison between the quantitative assessment using the DGE Ernährungskreis and the qualitative assessment using the FSA-NPS DI. Ernährungsumschau 2025; 72(2): 30–3.
The English version of this article is available online: DOI: 10.4455/eu.2025.006